20.01.2006

Wie pleite ist Deutschland? - Eine Deutschlandbilanz

(VS) Unternehmen können insolvent werden, wenn ihre Bilanz nicht mehr stimmt. Und wie sieht die Bilanz des Landes aus? Ist Deutschland auf dem Weg in Zahlungsunfähigkeit bzw. Pleite?

Bilanz
Die Bilanz (ital. Bilancia = Waage) ist ein Rechenwerk, mit dessen Hilfe Vermögen und Schulden einer Organisation (z.B. Unternehmung, Staat) gegenübergestellt werden. Den Schulden (Passiv) gegenüber steht bilanztechnisch das Vermögen (Aktiv). In der Bilanz ausgewiesen werden als Vermögen alle Werte, die von den Schulden erworben wurden, ob dies nun Grundstücke, Maschinen, Geld o.ä. sind. Der wichtigste Bestandteil einer Organisation ist jedoch in der Regel nicht in der Bilanz ausgewiesen, nämlich die Menschen die in ihr tätig sind. Diese sind natürlich nicht Eigentum der Organisation und zählen deshalb auch nicht zum in der Bilanz ausgewiesenen Bestand (Vermögen, Schulden).
Deshalb gibt es in der Unternehmensrechnung neben den reinen Bestandsgrößen der Bilanz noch eine Unterrechnung, die sich mit dem Erfolg beschäfigt, also dem jeweiligen Gewinn oder Verlust; in dieser sog. "Gewinn- und Verlustrechnung" spiegelt sich die Tätigkeit der Arbeitsnehmer am ehesten wider. Die Einkommen der Arbeitnehmer sind in der GuV als Kosten eingestellt - sofern hier im Saldo ein Gewinn entsteht, handelt es sich um das Einkommen des Unternehmers oder der Unternehmer.
Anhand dieses Paradigma sei nun auch eine Bilanz für Deutschland aufgestellt. Diese hat auf der Aktivseite ein Vermögen bestehend aus Boden und Infrastruktur; die beiden Begriffe sollen sehr weit gefasst sein, so meint Boden auch alle Bebauungen einschließlich Interieur, zur Infrastruktur seien z.B. alle Unternehmensorganisationen und auch die deutschen Goldreserven gezählt, alles unabhängig vom öffentlichen oder privaten Eigentümer, ähnlich dem BIP mit allem was Ausländer im Inland besitzen, aber ohne dem was Inländer im Ausland besitzen. Äquivalent zum Industriekontenrahmen wird wie bei Unternehmensbilanzen kein Rechnungsbestandteil der Menschen erhoben, auch nicht des sog. Humankapitals. Auf der Passiv- also Schuldenseite lassen sich dagegen alle monetären Eigen- und Fremdschulden sowie Schuldverpflichtungen abtragen.

Aktiv
Das Staatsgebiet von Deutschland umfasst den bestimmt abgegrenzten Teil der Erdoberfläche, auf dem die BR Deutschland Gebietshoheit ausübt. Hierzu gehören das Landgebiet sowie die hinzu gehörenden Binnengewässer (z.B. Anteil am Bodensee) und die Eigengewässer an der Küste (Häfen, Buchten, Wattenmeer). Außerdem die ersten 12 Meilen vom Küstenmeer und der Luftraum über dem Landgebiet und dem Küstenmeer in Höhe bis ca. 80-100 km, wo der Weltraum beginnt. Zudem gibt es einen deutschen Anteil am Festlandsockel, worüber die BR Deutschland ausschließliche Nutzungsrechte an sämtlichen Bodenschätzen des Meeresgrundes und des Meeresuntergrundes besitzt. Es gibt bis 200 Seemeilen eine gemeinsame ausschließliche Wirtschaftszone, die von den Staaten der EU gemeinsam genutzt wird (z.B. Fischerei). Deutsches Recht gilt, dem Völkerrecht entsprechend, außerdem auf deutschen Schiffen und Luftfahrzeugen sowie für deutsche Dienststellen im Ausland (Ausnahmen). Damit entsprach das deutsche Staatsgebiet 2001 einer Bodenfläche von 357.031 Quadrat-km, wovon 23.081 km2 bebaut sind, 1.796 km2 Abbauland, 2.659 km2 Erholungsfläche, 17.118 km2 Verkehrsfläche, 191.028 km2 Landwirtschaft, 105.314 km2 Waldfläche, 8.085 km2 Wasserfläche, 350 km2 Friedhöfe sowie ca. 7.000 km2 Fläche anderer Nutzung; dazu alle weiteren Nutzungen dieser Flächen, d.h. u.a Telekommunikation, Automobilflotte, alle beweglichen und unbeweglichen Sachen einschließlich Kirchen und anderer Kulturgüter, also alles, was es auf deutschem Boden gab und gibt, alle natürlichen und künstlichen materiellen und immateriellen Güter.
Die Infrastruktur sowie die o.g. Gebiete und Rechte stellen das Vermögen von Deutschland dar, d.h. die Fähigkeit der menschlichen Gesellschaft dieses Landes, zu überleben. Die Rechte ermöglichen Organisationen (Staat, Unternehmen), die zu diesem Zweck funktionieren. Damit die Organisationen dies können, schaffen sie sich selbst eine Atmosphäre der inneren und äußeren Sicherheit sowie eines Rechtsystems, das durchsetzbar ist (Charles-Louis de Secondat Montesquieu, Baron de la Bràde), umgesetzt speziell in Deutschland in Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Landesverteidigung. Den monetären Wert genau zu bestimmen ist nicht möglich, da es für vieles keine Marktpreise gibt. Staatliche Werte werden deshalb oft mit ihren Kosten gleichgesetzt. Nach der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung hatten 2002 alle Anlagegüter (materiell und immateriell) zu Wiederbeschaffungspreisen von 2000 einen Wert von ca. 10,5 Billionen Euro. Wieviele stille Reserven damit aber verbunden sind, sieht man am Vermögen des vielleicht reichsten Unternehmens Deutschlands, der Deutschen Bahn. Diese besitzt große Immobilienbestände an Orten mit den höchsten Marktpreisen, wie z.B. die Bahnhöfe in den Innenstädten oder das Schienennetz; die Einstellung dieser Werte zu Marktpreisen in die Bilanz der Bahn (und damit in die Deutschlandbilanz) wäre nur über den Verkauf zulässig.
Im Jahre 2002 gab es eine Bevölkerung in Deutschland von ca. 82.536.700 Menschen, wovon 75.188.700 Deutsche waren und 7.348.000 Ausländer. Unter diesen Umständen gelang es der bundesdeutschen Bevölkerung über ihre Organisationen mit Hilfe ihres Humankapitals (berufliche Qualifikationen) im Jahre 2002 ein Bruttoinlandsprodukt (BIP; vergleiche "Sozialproduktberechnung" a.a.O) von ca. 2.115 Milliarden Euro (NIP 1.823,96 Milliarden Euro) zu erwirtschaften; dieses entspricht dem Erfolg (GuV) des Staates, es sagt aus, was die Menschen des Landes während ihrer einjährigen Lebenszeit 2002 aus dem Vermögen international schöpfend gewonnen haben und verlängert die Aktivseite der Bilanz, weil es dem Vermögen zugeschlagen wird; es ist der Gewinn - dieses Einkommen von Deutschland und fällt letztlich seinen Menschen zu. Das Vermögen beträgt 100%, denn natürlich exitiert ein Vermögen als Ganzes. Diesem 100%tigen Vermögen steht eine ebenso 100%ige Verschuldung gegenüber. Die Aktiv- und die Passivseite der Bilanz weisen dieselben Gesamtwerte aus, die Bilanz ist immer ausgeglichen.



Passiv
Gegenüber den genannten Vermögen (Aktiva) stehen in der Bilanz die Schulden (Passiva), mit deren Hilfe das Vermögen erworben wurde. Alle aggregierten Institutionen machen jährlich Schulden (Anleihen und Kredite) in Form von Geld; diese kumulieren zu einer Gesamtverschuldung die bezogen auf das BIP die sog. Verschuldungsquote ergibt. Diese betrug bei nichtfinanziellen Unternehmen (keine Banken, Versicherungen u.ä.) im Jahre 2002 88,5% der aggregierten Unternehmensbilanzsumme (Sachverständigenrat Jahresgutachten 2004/05), also nominal 1.898,3427 Milliarden Euro. Dagegen war die Verschuldungsquote aller öffentlichen Haushalte in diesem Jahr 60,9% (Statistisches Bundesamt), also nominal 1306,31718 Milliarden Euro. Die sonstigen Privaten Haushalte hatten 1.118,5983 Milliarden Euro Schulden. Hinzu kommen noch Schulden der Non-Profit-Organisationen, soweit vorhanden. Gemeinsam hatten also 2002 Staat, Private Haushalte und Unternehmen eine Gesamtverschuldung von nominal mindestens 4.323,25818 Milliarden Euro oder das ca. 2,0155fache des damaligen Bruttoinlandsprodukts. Die Verschuldungsquote der Unternehmen ist in der Regel ca. gleich der des Staates. 2002 war sie deutlich erhöht wegen der damaligen Unternehmenszukäufe (Fusionen) sowie der Krise am "Neuen Markt".
Den unmittelbaren monetären Schulden von über 4 Billionen Euro sind noch die langfristigen Verbindlichkeiten hinzuzurechnen wie u.a. Renten und Pensionen sowie internationale Verbindlichkeiten (z.B. Bürgschaften für andere Länder). Dieser Schuldensumme des Passiv stehen dann im Aktiv die o.g. Vermögen gegenüber. Alles, was auf der Passiv-Seite fehlt, um beide Seiten zu gleichen Beträgen zu bringen, der Saldo, ist das Eigenkapital des Landes, welches annähernd so groß wie die Aktivseite ist und auf der Passivseite zu den Schulden ausgewiesen wird. Schließlich hat dieses Eigenkapital imaginär den Charakter von Schulden, da unser Land sich selbst zur Verfügung stellt, um zu existieren. Da die Unternehmensschuldenquote im Jahre 2002 z.B. nur 88,5% betrug, wurde ein Anteil von 11,5% an deren Vermögen aus anderen Mitteln erworben. Dieser Anteil sind diejenigen Schulden, die Unternehmer bei sich selbst gemacht haben, sozusagen ihre Eigeninvestition oder eben das sog. Eigenkapital.
Durch das hinzukommende BIP verlängerte sich 2002 auch die Passivseite der Deutschlandbilanz, so dass das gesamte deutsche Eigenkapital um 2,15 Billionen Euro zunahm. Insgesamt geschieht eine Änderung der Relationen, die jedoch wegen der immensen Beträge dieser Rechnung infinitesimal ist, d.h. so gering, dass sie fast null gleicht, denn der größte Teil der Schulden ist Eigenkapital, es handelt sich um den nahezu unschätzbaren Wert unseres gesamten Landes unabhängig davon, welchem Subjekt hierüber die staatlich subventionierte Verfügungsgewalt gilt, bzw. welchem Subjekt dieses nach deutschem Recht zu Eigen ist.
Zudem wird der größte Teil der Schulden im eigenen Land gemacht, d.h. Vermögen/Schulden verschieben sich innerhalb des Systems. Bis zur Europäischen Währungsunion wurden lediglich 1/3 der Staatsschulden im Ausland erhoben und haben den Charakter von "echten Fremdschulden". Vieles wird aus deutschem Bar-Vermögen bestritten, so beträgt alleine der Wert aller Ersparnisse der privaten Haushalte in Deutschland heute über 4 Billionen Euro. Den staatlichen Auslandsschulden steht ein Eigenkapital unschätzbaren Ausmaßes gegenüber.

Insolvenz
Der Begriff der Pleite wird hinlänglich mit der Insolvenz gleich gesetzt, also der Zahlungsunfähigkeit; dieser Begriff meint, dass eine Organisation nicht mehr in der Lage ist, liquide Mittel zur Begleichung von Kosten aufzubringen. Das kann z.B. der Fall sein, wenn bei Impotenz der Selbstfinanzierung in der Vermögensrechnung das Unternehmen (Investor) nicht in der Lage ist, durch Eigenfinanzierung in der Kapitalrechnung (Eigenkapitalerhöhung) das Fremdkapital zu bedienen. Wesentlich ist dann auch die zu erwartende zukünftige Entwicklung der Organisation, also die Frage, ob ein Defizit zukünftig ausgeglichen werden kann. Letztendlich folgt der faktischen Zahlungsunfähigkeit eine offizielle Verkündigung gegenüber der Öffentlichkeit. Damit erbringt das Institut der Insolvenz eine wichtige ökonomische Aufgabe. Die offizielle Insolvenz führt dazu, dass von niemandem mehr Ressourcen in die Organisation eingebracht werden, bevor diese sich nicht den gesellschaftlichen Wünschen angepaßt hat. Sollte dies nicht möglich sein, werden sämtliche noch in der Organisation befindlichen Ressourcen abgezogen und in wünschenswerte (effiziente) Investitionen eingestellt. Somit erbringt das Insolvenzverfahren eine gesellschaftliche Korrekturfunktion, möglich auf allen Ebenen.
Damit die Korrektur unwünschenswerter (ineffizienter) ökonomischer Zustände möglichst rasch geschieht, bedient sich das Verfahren des Indikators der monetären Liquidität, die sich, ähnlich einer Flüssigkeit, ökonomisch maximaler Beweglichkeit und somit Geschwindigkeit erfreut. Hierbei geht es um Geld, einem der o.g. Rechte, mit dem Deutschland im Wechselspiel der Menschen, nicht zuletzt Staat und Unternehmen, funktioniert. Dementsprechend handelt es sich beim Geld weniger um Vermögen; es handelt sich um ein Werkzeug, ein Mittel zum Zweck, letztlich um unterschiedliche Dinge vergleichbar zu machen, auch um die Insolvenz zu ermöglichen. Hierbei wird ein Teil des Vermögens in Geld gehalten und das Vermögen wird mit Hilfe von Geldgrößen dargestellt.

Zahlungsunfähig wäre Deutschland zunächst, wenn es nicht in der Lage wäre, seine Schulden aus dem BIP zu bedienen. Denn dann müsste das BIP vollständig dem konsumtiven Verbrauch zugeführt werden (vor möglichem Sparen bzw. Investieren wären Schulden zu bedienen). Dass dies nicht geschieht, ist evident, denn dafür agieren im Land zuviele eigenständige Wirtschaftssubjekte; so gab es im Jahre 2002 in Deutschland 38.720.000 Haushalte, 2.926.570 steuerpflichtige Unternehmen, ca. 13.300 Städte und Gemeinden (linear interpoliert) 16 Länder und einen Bundesstaat. Von den privaten Haushalten waren ca. 46.800 insolvent (ca. 0,12 %), von den Unternehmen ca. 39.500 (ca. 1,35 %). Dass die Anzahl der unternehmerischen Insolvenzen mehr als elf mal so hoch ist wie die der Privatinsolvenzen liegt zum einen daran, dass das Institut der Privatinsolvenz erst seit 1988 mit der sog. Kleinen Insolvenzordnung möglich ist, sowie, dass im allgemeinen das Institut der Insolvenz nicht zur Abschaffung der Privaten sondern Unternehmen geschaffen ist. Das letzte gilt auch für Staaten, wie weiter unten gezeigt wird.
Hier zunächst die bilanztechnische Unmöglichkeit deutscher Insolvenz: Aufgrund der Tatsache, dass in der Regel die deutschen staatlichen Schulden nicht größer sein dürfen als die Investitionen, ergibt sich zur Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Verschuldensquote auch eine Erhöhung des Vermögens; hiermit ist die Grundlage geschaffen, dass das BIP zukünftig wachsen kann. So zeigt der Verlauf des BIP's über die Zeit eine derartige Steigerung, dass die zu erwartende zukünftige Entwicklung des Landes, also die Frage, ob ein Defizit zukünftig ausgeglichen werden kann, positiv zu bewerten ist. Sollte die Bewertung der Zahlungsunfähigkeit trotzdem bestehen bleiben, müsste die Schuldenlast vom Eigenkapital gedeckt werden. Das Eigenkapital Deutschlands ist unschätzbar groß, so dass es nahezu unmöglich ist, das Fremdkapital nicht hieraus bedienen zu können (bei dieser Frage geht es darum, ob die Bedienung durch das Eigenkapital theoretisch möglich wäre, nicht dass es tatsächlich gemacht werde). Die Möglichkeit der Gläubiger, einen exorbitanten Zins zu veranschlagen ist hoheitlich beschränkt (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, Treu und Glauben, gute Sitten) und wird zudem über die staatliche Geldpolitik determiniert. Darüberhinaus können Externe helfen (Weltbank; Ausland). Dass zuvor die Selbstfinanzierung des Landes aber keinesfalls gefährdet ist, zeigt die folgende Tabelle des Statistischen Bundesamtes; aus ihr geht hervor, dass anders als Verluste, Deutschland Jahr für Jahr Gewinne einfährt und das in zunehmendem Ausmaß:

Bruttoinlandsprodukt, Bruttonationaleinkommen, Volkseinkommen ab 1950


Der Staat
Der deutsche Staat besteht aus dem Bund, den Ländern und den Städten und Gemeinden. Diese Organisation ist ineffizient, jedoch keinesfalls unerwünscht. Obwohl der Staat volkswirtschaftlich generell ein Störfaktor ist, bietet er doch in unserer unvollkommenen Welt annähernd die Funktion "eines allmächtigen Planers, der der Ökonomie zur Pareto-Effizienz verhelfen will".1 Trotz Verletzung der zwei Hauptsätze der Wohlfahrtsökonomik (Theorie des Marktversagens) in der realen Welt kann er durch sein Eingreifen die Effizienz der Wirtschaft fördern, soweit ihm nicht Politikversagen inhärent ist. Deshalb können und sollen diejenigen Organisationen, die wie Städte, Gemeinden, Länder und Bundesstaat Hoheitsgewalt besitzen, nicht insolvent werden. Da die Parafisci2 in einer weiten Definition zum öffentlichen Sektor gehören, sind auch diese, obwohl sie ohne Hoheitsrechte mit Hilfe eigener zweckgebundener Finanzmittel öffentliche Aufgaben erfüllen, durch die hoheitlichen Organisationen vor Insolvenz geschützt. Hierzu gehört der Bereich der Sozialversicherung mit gesetzlicher Kranken-, Unfall-, Pflege, Renten- und Arbeitslosenversicherung und bestimmten Sondervermögen öffentlicher Haushalte.
Bei Städten und Gemeinden ist ein "Bankrott" nicht vorgesehen und soll durch ein mehrstufiges Kontrollsystem der Kommunalaufsicht vermieden werden. Die Kommunen sind verpflichtet, nur ausgeglichene Haushalte aufzustellen; dieser ist dann ausgeglichen, wenn die Einnahmen ausreichen, um die Ausgaben im Verwaltungs- und Vermögenshaushalt abzudecken. Sollte dies nicht der Fall sein, wird die Aufsichtsbehörde den Haushalt nicht oder nur mit Auflagen genehmigen (z.B. Kreditaufnahme begrenzen, ein Einsparziel vorgeben oder eine höhere Einnahmenausschöpfung verlangen). Wenn diese nicht greifen, kann das Bundesland die Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes vorschreiben, mit dessen Hilfe ein Haushaltsausgleich in einem konkreten Zeitrahmen (etwa von vier Jahren) wieder erreicht werden soll. Erst wenn das erfolglos ist, wird die Aufsichtsbehörde einen Beauftragten bestellen, der alle oder einzelne Aufgaben der Gemeindeorgane wahrnimmt; das bedeutet dann die Aufhebung der kommunalen Selbstverwaltung. In einem letzten Schritt kann im Einzelfall oder bei einigen kleinen Gemeinden das Bundesland durch finanzielle Sonderhilfen eine Unterstützung leisten. Entsprechend wurde auch der Bund verpflichtet, den Ländern Bremen und Saarland mit Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen zeitlich befristet unter die Arme zu greifen.
Für den Bundesstaat gilt nach Artikel 115 des Grundgesetzes, dass die Einnahmen aus Krediten die Summe der im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben für Investitionen nicht überschreiten dürfen, wobei die Ausnahme zulässig ist, zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts von dieser Regel abzuweichen. Hier existiert der unbestimmte Rechtsbegriff des "gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts", der nicht definiert ist. Alle Verfassungen der Bundesländer entsprechen dieser Norm, teilweise geringer. Soweit nun der Bundesstaat faktisch und praktisch über sein gesamtes Finanzwesen selbst bestimmen kann, wirkt dieses auf Länder und Kommunen weiter, denn für diese trägt der Bund über den vertikalen Finanzausgleich eine Verantwortung. In diesem Sinne gibt es also immer die Möglichkeit der Verhinderung einer "Pleite" durch Hilfe "von oben".
Dies alles trägt dem Umstand Rechenschaft, dass eine Insolvenz nicht dazu gedacht ist, Staaten (Hoheitsträger) abzuschaffen. Während bei sonstigen Organisationen die Insolvenz das Mittel ist, sie im Falle der Unerwünschtheit möglichst schnell abzuschaffen, ist es bei unerwünschten Staaten die Abnahme der Hoheitsgewalt, die diese beseitigt. Die BR Deutschland ist niemals insolvent, da sie die Steuergewalt besitzt und so in weitem Rahmen über ihre Einnahmen frei bestimmen kann (Finanzpolitik). Andererseits bestimmt sie als Bundesstaat die Geldmenge, d.h. regelt den Druck von Geldscheinen (Geldpolitik); diese Gewalt wurde zwar in weitem Maße an die Europäische Union übertragen, dennoch kann man im Fall des Falles die Gewalt des Herrn im eigenen Hause unterstellen, d.h. niemand bestimmt über das, was die BR Deutschland nicht will. Das ist im engeren Sinne schon durch den politischen Einfluss Deutschlands in der EU gewährleistet und könnte am Ende sogar die Rückführung von Verantwortung an die BR Deutschland bedeuten.
Hier nun existiert das eigentliche Dilemma der aktuellen Verschuldungslage des Bundes, der Länder und der Kommunen. Über selbst gestellte Normen maßregelt sich der Bund und die Länder so, "dass sie im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung gleichzeitig zur Stabilität des Preisniveaus, zu einem hohen Beschäftigungsstand und außenwirtschaftlichem Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem Wirtschaftswachstum beitragen" (§ 1 Stabilitätsgesetz); dieses Gesetz basiert wie alles auf den 19 Grundrechtsnormen des Grundgesetzes. Deutlich ist aber, dass es sich um selbst gestellte Normen handelt. Das Stabilitätsgesetz entstand 1967 unter Federführung vom damaligen Wirtschaftsminister Karl Schiller und könnte heute modifiziert, abgeschafft, Neues hinzugefügt werden. Und so wären auch alle öffentlichen Finanzprobleme schon alleine durch Druck auf die Banken (Abschaffung) bis hin zur Abschaffung der Zahlen (Schulden) oder sogar Abschaffung des Geldes möglich. Der einzige Grund dafür, dass dies nicht geschieht ist der, dass unser Volk, vertreten durch seine Regierung, dies nicht will. Dieser Wille bestimmt, dass das System, so wie es der Wille selbst geschaffen hat, bestehen bleibt. Somit sind die öffentlichen finanziellen Probleme systeminhärent. Sie existieren nur, weil das System existiert. Und solange sich der Staat weiter strengstens an seine konstitutionellen Normen hält, sind ihm Grenzen gesetzt, die zu Politikversagen führen. Zum einen darf er nach dem von Prof. Paul Kirchhof am Bundesverfassungsgericht durchgesetzten Halbteilungsgrundsatz niemals mehr als maximal die Hälfte jedes bemessungsgrundlegenden Euros als Steuer ziehen. Zum anderen ist der Staat an seine eigene Regel gebunden, nicht mehr neue Schulden machen zu dürfen als er investiert. Dann muss er sich noch an Richtlinien der EU halten und sich daran halten, welche Maßnahmen zu einem maximalen Volkseinkommen führen, bzw. welche dem eher hinderlich sind; doch insbesondere für ein maximales BIP (Volkseinkommen ist hiervon abgeleitet) gibt es kein Patentrezept.

Schlussbetrachtung
Natürlich haben insbesondere die Gläubiger ein Interesse daran, dass das System weiter existiert, damit sie den Glauben an ihre (verliehenen) Vermögen nicht verlieren. Die Gläubiger sind zum größten Teil das Volk, das sein Vermögen, d.h. seine Fähigkeit zu überleben (vergl. oben), über Finanzintermediäre (Banken, Versicherungen) verliehen hat. Man stelle sich nur mal vor, welche Auswirkungen es auf die Weltwirtschaft hätte, würde das ach so zuverlässige Deutschland sein Geld abschaffen (mit allen Folgen für sich selbst). Es bleibt aber dennoch immer die Frage, was besser ist: das System oder ein anderes System. Bis jetzt wird noch strengstens am heutigen System festgehalten. Werden aber unsere Enkel dies auch so machen angesichts der Geldschulden, die sie von uns übernehmen? Könnten sie angesichts dessen nicht gar ihren Glauben an ihre Zukunft (Überleben) verlieren und müsste es nicht vielmehr dann eine Lösung geben, an die heute noch niemand denkt?
Selbst, wenn Wachstum immer maximal ist, können die jährlichen Wachstumsraten, wie heute in Deutschland, eher klein sein. Trotzdem sucht die deutsche Regierung ihr Heil im Wachstum und hofft, dieses könne die Zwänge lösen. Die ökonomische Wachstumskurve aber verläuft auf unserer Erde konkav. Dies liegt daran, dass nichts auf Erden unendlich ist (mit Ausnahme der menschlichen Dummheit, vergl. Albert Einstein), dass es für (fast) alles eine Knappheit der Mittel gibt; diese Mittelknappheit ist in allem ökonomisch existent. So ist es einfach nicht möglich, dass ein Land wie Deutschland, das derart viele Ressourcen verarbeitet, diese Verarbeitung noch stark steigern kann - ganz einfach, weil es nicht genügend Ressourcen gibt, welche eine unabdingbare Voraussetzung wären. Die Zunahme des Ressourcenverbrauchs in den großen Schwellenländern (z.B. China) kann zwar dort aufgrund der Ausgangslage der geringen BIPe noch in großen Schritten wachsen (typisches Merkmal), jedoch wird hier noch schneller die Grenze starker Wachstumsraten erreicht, und weltweit wird die Ressourcenknappheit für alle dramatischer. Es ist eine Tatsache, dass für Deutschland unter den gegebenen weltlichen Bedingungen große oder gar starke Wachstumsraten nicht mehr möglich sind. Die Hoffnung, mehr Wachstum würde schon alle Probleme lösen, ist deshalb ein irriger Glaube. Was für kleine (gemessen an der Bevölkerungszahl) Länder mit einer Ausgangslage auf hohem ökonomischen Niveau und für große Länder mit einer Ausgangslage auf niedrigem ökonomischen Niveau möglich ist, wird nicht für mittlere bis große Länder mit einer Ausgangslage auf hohem ökonomischen Niveau ebenso gelten.

Was in dieser unternehmerischen Staatsbetrachtung fehlt, sind die Menschen. Warum ist Deutschland heute so reich, warum andere Länder trotz erheblich mehr Bewohnern so verhältnismäßig arm? Neben den geographischen Unterschieden sind daran im wesentlichen die Menschen des Landes beteiligt. Nun lassen sich z.B. Menschen schlecht in Geld quantifizieren - auch wenn man ihr Humankapital ermitteln würde, so ist eine menschliche Gesellschaft, wie die Menschen selbst, doch mehr als die Summe ihrer Bestandteile. Dementsprechend sei hier das o.g. Vermögen im Sinne der Fähigkeit der menschlichen Gesellschaft dieses Landes gemeint, zu überleben, und kennzeichne sich im Jahre 2002 in der obigen Rechnung als das BIP im Sinne eines unternehmerischen Gewinns vor Schulden.
Die obige Darstellung macht zunächst deutlich, dass Deutschland ein unermesslich reiches Land ist, nicht nur wegen der immensen materiellen Anlagen, sondern auch wegen des Humankapitals (Fähigkeiten) seiner Menschen. Hierbei sind alle Menschen zu berücksichtigen, auch der kleinste, größte, ärmste oder reichste hat seine Leistungsfähigkeit und es ist letztlich nur eine Frage des Zeitpunktes, wann diese das Land tragen. Durch das Sozialstaatsprinzip nach Artikel 20 GG ist gewährleistet, dass innerhalb der menschlichen Gesellschaft ein Ausgleich stattfindet dergestalt, dass ökonomisch vermeintlich Schwächere über die Zeit betrachtet werden und nicht kurzfristig.
Leider gewinnt man aufgrund der Regierungsmaßnahmen der letzten 15 Jahre den Eindruck, dass nach dem Wegfall der militärischen Bedrohung und der östlichen Gesellschaftskonkurrenz die Notwendigkeit der Wohlstandsverteilung auf alle Schichten nicht mehr so dringend erscheint. Offensichtlich gibt es Kräfte, die vielen Menschen, zugegeben, imaginäre Überlebensängste zumuten wollen, wo doch der morgige Atomschlag, und die reale Angst davor, nicht mehr so wahrscheinlich ist. Es ist jedenfalls schon auffallend, dass trotz ständig steigenden Reichtums in Deutschland das Land arm geredet wird. Festzustellen ist, dass Deutschland heute bei den meisten ökonomischen Indikatoren im positiven Sinne die Nummer Eins in Europa ist. Die ständige Ignoranz der Regierung hiervor dient dem Zweck, die Schuld am Politikversagen (nicht zu verwechseln mit dem Versagen von Politikern) den Schwächsten zuzuschreiben. Dabei ist allein dieses Versagen der Grund für die finanziellen Probleme des Staates (Systeminhärenz) und hat nichts mit den Leistungen des Volkes zu tun. Wie lange es sich die Bevölkerung gefallen lassen wird, die Verantwortung zu tragen und verzichten zu sollen, wird sich zeigen.
Zur Frage wie sehr Deutschland pleite ist, muß man zunächst klären, dass das Eigenschaftswort "pleite" nicht steigerbar ist; es gibt zum Positiv "pleite" keinen Komparativ "pleiter" oder Superlativ "am pleitesten". So kann Deutschland nur entweder pleite sein oder eben nicht - tertium non datur (ein drittes gibt es nicht). "Pleite" ist eine Bewertung des Betrachters, aber da dieses Instrument nicht dafür geschaffen ist, Staaten in Frage zu stellen oder Länder abzuschaffen, ist sogar die Frage, welche Bewertung hier relevant sein soll, irrelevant.
Da in Deutschland der Staat die höchste weltliche Autorität besitzt, ist Geld für ihn nur ein Werkzeug, über das er weitgehend frei verfügt; denn er selbst schafft das Geld, die Banken, das gesamte Finanzsystem und hält letztlich die Fäden derer Existenz in der Hand. Es liegt somit auf der Hand, dass seine Zahlungsunfähigkeit nur dann möglich ist, wenn er diese selber will z.B. aufgrund der Einsicht, dass ihm dies selbst Vorteile bringt (Beispiel: Abschaffung der Reichsmark und Einführung der D-Mark). Im Gegensatz zum Insolvenzverfahren kann eine staatliche Pleite nicht durch andere (Dritte) herbeigeführt werden. Die oben genannten Zusammenhänge machen dies deutlich. Insofern sollte man den Unkenrufen mancher in den heutigen öffentlichen Medien nicht trauen: Ein Staat, dieser Staat, unser Staat kann unter den gegebenen Umständen nicht pleite, zahlungsunfähig oder bankrott gehen. Dies ist schlechterdings nicht möglich. Gleichwohl ist aufgrund der ökonomischen konkaven Wachstumskurve wie alle auch der Staat angehalten, sparsam zu haushalten.

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